Selbst Pulverbeschichten

hier findet ihr die besten schraubertipps

Moderator: Kristian

Antworten
wmueller
ab - und zu Schreiber
ab - und zu Schreiber
Beiträge: 77
Registriert: 15. April 2008, 13:39
Wohnort: Witten

Selbst Pulverbeschichten

Beitrag von wmueller »

Hallo Leute,

ich habe in meinem Vorstellungsbeitrag "Meine Geschichte ..." ( https://www.xl500.de/abcdef3.2/viewtopi ... 42#p128742 ) erwähnt, daß ich Kleinteile selbst pulverbeschichtet habe.
Roger ( Zorc22 ) hatte angeregt, daß ich darüber etwas schreiben sollte. Das mache ich gern. Ganz sicher macht der eine oder andere hier so etwas auch schon, deshalb gebe ich hier einfach nur meine Vorgehensweise kund :

Entscheidend für den Erfolg ist dabei die Vorbereitung der Teile. Alte Beschichtungen sollten komplett entfernt werden. Dazu ist natürlich Strahlen das Mittel der Wahl. Ich hatte in meiner Garage zunächst eine selbst gebaute Strahlkabine im Einsatz, die man auf einem Fahrgestell verschieben konnte.

Bild

Das hat sich aber irgendwie nicht bewährt, deshalb habe ich die später fest an eine eingezogene Wand in meiner Garage angeschraubt

Bild

Auf der anderen Seite dieser Wand habe ich eine Ecke für das Pulverbeschichten eingerichtet.

Bild

In dem oberen Kasten wird das Werkstück bearbeitet, darunter habe ich einen stinknormalen Haushaltsbackofen eingebaut.
Die Standard-Pulverfarben werden bei einer Temperatur von 190 - 230 Grad eingebrannt. Das sollte der Backofen leisten.
Das bedeutet aber, daß man als Hobby-Beschichter nur Teile verarbeiten kann, die in so einen Backofen passen. Oder fällt irgendjemandem ein Standard-Gerät ein, welches einen größeren Innenraum hat, der sich auf 200 - 240 Grad aufheizen lässt ? ( Profis arbeiten da mit Gas-beheizten Durchlaufkammern, aber das vergessen wir hier mal )
Wer genau hinsieht, stellt fest, daß ich den Ofen um 90 Grad verdreht eingebaut habe. Ich hatte die Vorstellung, dass man die Teile besser in den Ofen hängen kann, wenn man die Tür zur Seite öffenen kann. Das ist auch tatsächlich so ( jedenfalls bei Öfen wie diesem hier, bei denen man die Tür nicht einschieben kann ). Ich habe aber feststellen müssen, dass Backöfen so konstruiert sind, dass die nach außen zwangsläufig abgegebene Hitze von unten über die Fronttür nach oben abgeleitet wird. Bei meiner Anordnung wurde die Holzplatte linkseitig über den Ofen mörderheiß, weshalb ich dort später noch ein Entlüftungsgitter eingesetzt habe. Dann ging es einigermaßen.

Dei Idee zum Beschichten hatte ich aus einem Artikel in der "Oldtimer Markt" irgendwo um 2009. Da wurde mal ein Typ vorgestellt, der auch Hobby-Equipment verkaufte. Von dem habe ich auch meine Ausrüstung bezogen, der macht das aber offensichtlich schon lange nicht mehr.
Das Gerät wird aber weiterhin in ganz ähnlichen Ausprägungen vertrieben. Vermutlich kam und kommt das von einer Handvoll chinesischer Hersteller.
Das hier sieht meinem Zeugs total ähnlich, das gibt es aber bei vielen Händler in nahezu identischer Ausführung :

https://www.expondo.de/msw-pulverbeschi ... iwQAvD_BwE

Vermutlich kaufe die meisten Händler bei den gleichen Anbietern.

Auch die Pulverfarben kann man überall kaufen. Ich habe meine Sachen hier bezogen ... http://www.mrpulver.de/ ... das ist aber auch nur einer unter vielen.

In der Puverbeschichtungsecke muss es einen Pressuftanschluss geben, der sich auf einen Druck von 0,5 - 1 Bar herunterregeln lässt. Das Prinzip des Beschichtens geht einfach so :
Das Gestell, an dem das Wekstück hängt, ist elektrisch mit dem Pulverbeschichtungsgerät verbunden. Ich habe dazu einen drehbaren Rahmen montiert, der über ein Kabel mit dem Pulverbeschichtungs-Netzteil verbunden ist.

Bild

Die zu beschichtenden Teile werden dann über das Gerät unter Strom gesetzt und mit der Pistole beschichtet. Das mit der Pistole per Druckluft versprühte Farbpulver haftet durch statische Aufladung am Werkstück.

Das funktionert bei professionellen Geräten, die eine "definerte Wolke" von Farbe versprühen können natürlich viel besser, aber mit etwas Übung bekommt man durchaus einen gleichmäßigen Farbauftrag hin.

Das war jedenfalls mein Erstlingswerk, die Abdeckung des Lüfters eines Elektromotors :

Bild

Die bisher bearbeiteten XL Teile sind auch nicht so schlecht geworden :

Bild

Bild

In meiner bisherigen Werkstatt hatte ich weder für die Sandstrahlkabine, noch für die Pulverbeschichtungsecke ein Absaugung. Das ließ sich in der Garage, die ich bisher dafür zur Verfügung hatte einfach nicht vernünftig realisieren.
Nach den Erfahrungen, die ich bisher gemacht habe, ist das aber eine unbedingte Voraussetzung. Ohne Absaugung versaut man sich sowohl beim Strahlen, als auch ganz besonders beim Pulvern die unmittelbare Umgebung total.

Gruß,
Wolfgang
wmueller
ab - und zu Schreiber
ab - und zu Schreiber
Beiträge: 77
Registriert: 15. April 2008, 13:39
Wohnort: Witten

Re: Selbst Pulverbeschichten

Beitrag von wmueller »

... ach so, einen Nachtrag noch :
Bei Teilen aus Druckguss wird es schwierig. In die poröse Struktur dringt im laufe der Jahre Schmutz und Fett ein. Das bekommt man durch Strahlen oder Waschen der Oberoberfläche natürlich nicht raus. Beim Einbrennen des Pulvers im Ofen "schwitzt" das aber schon heraus und verursacht Blasen, bzw. kleine Pickel in der Pulverlackierung. Man kann das minimieren, in dem man das Teil im Ofen schon mal "vorbackt", ggf. auch mehrfach und es jeweils danach gründlich reinigt.

Gruß,
Wolfgang
wmueller
ab - und zu Schreiber
ab - und zu Schreiber
Beiträge: 77
Registriert: 15. April 2008, 13:39
Wohnort: Witten

Re: Selbst Pulverbeschichten

Beitrag von wmueller »

... und das Bild bei der Arbeit hatte ich auch noch vergessen :

Bild
Benutzeravatar
Zorc22
XL Berater
XL Berater
Beiträge: 258
Registriert: 16. März 2019, 18:41

Re: Selbst Pulverbeschichten

Beitrag von Zorc22 »

Moin Wolfgang,
schönen Dank für den wirklich umfangreichen Bericht. Das hört sich erstmal gut und auch relativ günstig an. Aufgrund des Platzproblems müsste ich einen alten Backofen vermutlich draußen unterbringen. Meine Frau wird kaum akzeptieren das ich das in ihrer Küche mache :) .
Eine Frage noch : das Farbpulver ist in Paketen zu 100 gr gepackt. Was bedeuten hier 100 gr ? Wie weit kommt man damit , also der Verbrauch ?
Die Oberflächen sehen toll aus, ich denke sie sind auch einigermaßen kratzfest ?
Gruß und besten Dank
Roger
wmueller
ab - und zu Schreiber
ab - und zu Schreiber
Beiträge: 77
Registriert: 15. April 2008, 13:39
Wohnort: Witten

Re: Selbst Pulverbeschichten

Beitrag von wmueller »

Hallo Roger,

das Pulver ist ja extremst fein gemahlen, so etwa wie der Toner in Laserdruckern. Daher ist es sehr ergiebig. Eine Angabe zum Verbrauch ist schwierig, aber für die Teile auf den Bildern habe ich nicht mal ein Drittel eines Behälters gebraucht. Damit kommt man schon ziemlich weit.

Nach der Benutzung des Haushaltsbackofens könntest Du vermutlich ins Männerhaus ziehen :D :D
Es rieselt ja immer auch mal eine kleine Menge Pulver beim Aufhängen der Teile in den Ofen. Das brennt natürlich da auch fest. Mein Ofen sah nach ein paar Monaten lecker aus.

Kratzfest ist eine Pulverbeschichtung auch und zwar deutlich besser als jede Lackierung. Ich habe anfangs mal ein Teil beschichtet, daß ich hinterher nicht so gelungen fand. Kein Problem, habe ich gedacht, dann strahlst Du es eben noch einmal. Pustekuchen ! Mit Korund-Strahlen kriegst Du die Beschichtung nicht runter. Sie wird nur matt. Dreml oder Flex mit Drahtbürste, dann geht's. Mit Schleifpapier auch, aber dann mit der Maschine. Per Hand brauchst Du ewig.

Gruß,
Wolfgang
Benutzeravatar
Zorc22
XL Berater
XL Berater
Beiträge: 258
Registriert: 16. März 2019, 18:41

Re: Selbst Pulverbeschichten

Beitrag von Zorc22 »

Danke Wolfgang,
das hört sich super an
Gruß
Roger
Trey
XL Assistent
XL Assistent
Beiträge: 192
Registriert: 31. August 2008, 01:07

Re: Selbst Pulverbeschichten

Beitrag von Trey »

Zum Ofen:
da ich meine Endrohre pulvern wollte - die natürlich nie in einen normalen Backofen passen - hatte ich folgende Idee:
Sammle vom Schrottplatz die Heizungswicklungen von 2-4 Backöfen und besorge Dir eine passende Zahl Ziegelsteine, einen Thermometer mit Fühler und ein passendes Abdeckblech.
Schon kannst Du Dir recht schnell und einfach einen passenden Ofen zusammenbauen und den dann auch wieder recht platzsparend irgendwoanders ´parken´.

Ausprobiert hab´ ich das allerdings nie, da ich mich aus Zeitmangel dann doch für die hitzefeste Farbe entschieden habe.

Gruß
wmueller
ab - und zu Schreiber
ab - und zu Schreiber
Beiträge: 77
Registriert: 15. April 2008, 13:39
Wohnort: Witten

Re: Selbst Pulverbeschichten

Beitrag von wmueller »

... das ist auch eine Idee, die ich mir mal in meiner Tips und Tricks - Sammlung ablegen werde.

Als ich mit dem Pulvern angefangen habe, bin ich bei der Suche nach Einbrennmöglichkeiten für größere Teile auf die verschiedensten Eigenbau-Konstruktionen gestoßen. Darunter war auch eine Anordnung aus zwei gegenüberstehend angeordneten Döner-Grills :D
Die größte Herausforderung bei allen Selbstbauten ist wohl die Temperaturregelung. Abhängig vom verwendeten Pulver ( Glänzend / Matt, einfache Farbe / Metallic / ... ) ist die Arbeitstemperatur unterschiedlich. Das kann mal 180 Grad sein und geht je nach Pulver bis 240 Grad rauf. Das Werkstück sollte in der Einbrennzeit einer gleichmäßigen Temperatur ausgesetzt sein.

Gruß,
Wolfgang
Benutzeravatar
chevy v8
ab - und zu Schreiber
ab - und zu Schreiber
Beiträge: 78
Registriert: 21. April 2021, 21:36

Re: Selbst Pulverbeschichten

Beitrag von chevy v8 »

Bin da etwas skeptisch mit der selber Pulverei.
Wenn die Voraussetzungen nicht genau passen, geht das wahrscheinlich in die Hose.

Wenn der Mist dann nach 2 Jahren zum abblättern anfängt, hast die A Karte :D
Vorher grundiert sind die Teile wie ich sehe auch nicht.

Ich lacke lieber, da weiß ich was ich mache und kann jederzeit nacharbeiten, ohne dass mich beim schleifen der Teufel holt.
Loud Pipes save Lives
PeterB
XL Guru
XL Guru
Beiträge: 1811
Registriert: 11. Juni 2003, 13:29

Re: Selbst Pulverbeschichten

Beitrag von PeterB »

:)
Lackieren find ich auch ganz gut: https://www.youtube.com/watch?v=PwdIVShyeMo

Und ja, es geht auch mit der Dose. Für das rostblechenere Auspuffmaterial der XL kenne ich nix besseres A
als D****C****S*******800 :D

beste grüße
peterb
wmueller
ab - und zu Schreiber
ab - und zu Schreiber
Beiträge: 77
Registriert: 15. April 2008, 13:39
Wohnort: Witten

Re: Selbst Pulverbeschichten

Beitrag von wmueller »

Moin Chevy,

Du hast vollkommen recht. Wenn man beim Pulvern nicht absolut sorgfältig arbeitet und beispielsweise an Kanten und Ecken des Bauteils Lücken in der Beschichtung auftreten, machst Du das Teil nach ein paar Jahren noch einmal. Aber es macht mir einfach Spaß, auch mal andere Handwerkstechniken anzuwenden.
Ich habe nach dem Lüfterdeckel für den Elektromotor, der in der Garage eingesetzt wurde, also nie Regen gesehen hat, vor den Motorradteilen alle möglichen selbst geschweißten Halterungen für Briefkasten, Vogelhaus, ... usw. gemacht. Davon habe ich mehrere ein zweites Mal bearbeiten müssen, bis ich das einigermaßen im Blick hatte, die Beschichtung absolut lückenlos zu haben.
Grundiert werden Teile vor dem Pulvern meiner Kenntnis nach nie. Der Betrieb, der mir den Rahmen gemacht hat, verzinkt korrosionsempfindliche Teile vor dem farbigen Pulvern.
Pulverbeschichten im Hobbybereich ist meiner Meinung nach tatsächlich auf kleinere Teile mit übersichtlichen Formen beschränkt. Das bekommt man auch als Anlernkraft mit etwas Übung hin. Wenn es dann gelungen ist, ein sauber beschichtetes Teil zu produzieren, ist die Widerstandfähigkeit gegenüber Witterung und Steinschlag o.ä. deutlich besser als bei einem lackierten Teil.
Und darum geht es doch irgendwie bei der Hobbyschrauberei. Dinge auch hinzubekommen, die ansonsten nur Profis können :D

Gruß,
Wolfgang
wmueller
ab - und zu Schreiber
ab - und zu Schreiber
Beiträge: 77
Registriert: 15. April 2008, 13:39
Wohnort: Witten

Re: Selbst Pulverbeschichten

Beitrag von wmueller »

Hallo Peter,

was der Typ da macht, ist ja keine Lackierung. Das ist Handwerkskunst vom allerfeinsten :D :o
Das bekomme ich als Hobby-Farbspritzer ja auch mit etwas mehr Übung nicht hin.

Gruß,
Wolfgang
Benutzeravatar
chevy v8
ab - und zu Schreiber
ab - und zu Schreiber
Beiträge: 78
Registriert: 21. April 2021, 21:36

Re: Selbst Pulverbeschichten

Beitrag von chevy v8 »

Zu Beschichtende Teile werden eigentlich gestrahlt und dann je nach Werkstoff chromatiert bei NE Metallen wie Alu, bzw phosphatiert bei Stahl oder Eisen.

Dein Vogelhäuschen oder das Lüftungsgitter für den Motor sind ja eigentlich keiner Beanspruchung und Witterungsverhältnissen ausgesetzt, was jetzt bei nem zB. Motorradrahmen anders aussieht.

Das Chromatieren / Phosphatieren als Korossionsschutz ist meiner Ansicht nach bei Fahrzeugteilen schon wichtig,
da es sonst bei kleinen Rissen oder Beschädigungen sofort zu Unterrostung kommt und das Ergebniss kennt man ja
von Gartenstühlen und Wäscheständern. :D
Loud Pipes save Lives
Antworten