Anzugsmomente Zylko.-deckelschrauben (und andere)

Hier können Reperaturfragen gestellt werden. Wie wird was wieder repariert?

Moderatoren: Kristian, tester_änderung

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Domo
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Beitrag von Domo »

Moin!
Kristian hat geschrieben: Super Deine Ausführungen! :)
Danke!
Kristian hat geschrieben: OK, beim Anzugsmoment von 10...14 Nm entsteht eine Zugkraft auf das Gewinde von x N.
Die Spannkraft der Schraube zu berechnen ist nicht sonderlich schwer, die liegt in etwa bei 10kN (1 Tonne!!!!) (vorrausgesetzt man zieht die Schraube mit dem vorgesehenen Drehmoment an).
Kristian hat geschrieben: Dem müssen wir dann aber noch die pulsierende Kraft von y N hinzurechen, die die Ventilfedern beim Öffnen der Ventile über die Nockenwelle auf den Deckel ausüben. Sicherlich eine nicht zu vernachlässigende Größe! Und die tritt dann auch noch pulsierend, bis zu 3500 Mal in der Minute auf.
Der Tod der Gewinde setzt langsam und pulsierend ein... :?
Die Belastung der Schraubenverbindung durch den Ventiltrieb bei laufendem Motor zu berechnen ist schon schwieriger, da ja nicht alle Schrauben die gleiche Belastung aufnehmen, diejenigen direkt an der NoWe werden da sicher stärker belastet. Dann kommt noch hinzu, dass die Schrauben nur einen geringen Teil dieser Belastung aufnehmen müssen (ich würde jetzt mal so 10% - 20% schätzen), der Rest wird von dem Zylinderkopfdeckel aufgenommen.
Ohne da jetzt irgendwas berechnet zu haben: Die Belastung durch den Ventiltrieb auf die Schraubenverbindungen scheint relativ gering zu sein, ich habe hier noch nie gelesen, dass die Schrauben nach korrekter Montage irgendwann nach xxx Kilometern plötzlich rausgerissen/abgerissen waren. Ich habe bisher immer nur gelesen, dass die Gewinde beim Anziehen der Schraube rausgerissen wurden.
Kristian hat geschrieben: Schön, wenn Du mal die Kräfte berechnen würdest bei denen die Gewinde im Butter-Alu herausreissen (Scherung an den Gewindesteigungen).
Das ist ja das eigentliche Übel... :?
Tja, ich glaube das wird äußerst schwierig! Zum einen hat cj da ja schon was dazu gesagt: Wir kennen die genaue Legierung, bzw. das dazugehörige Datenblatt für den Werkstoff nicht. Ich persönlich habe da auch keinerlei Erfahrung, wo man diese Alu-Guss-Legierung im Vergleich zu anderen Alu-Guss-Legierungen festigkeitsmäßig einordnen soll. Dann kommt noch hinzu, dass der Werkstoff durch das Gewinde gekerbt ist, was ja eine zusätzliche Schwächung bedeutet.
Wenn wir dann auch noch den Gemütszustand japanischer Kühe und die Mondphase (von dem Ganzen anderen astrologischen Huppi-Fluppi mal abgesehen) miteinbeziehen wollen, dann wirds ganz kompliziert :eek:
Kristian hat geschrieben: Na, Rechenehrgeiz geweckt? :)

So ein wenig schon! Im Moment fehlt mir da aber noch einiges an Wissen....wie gesagt, über die Festigkeit des Mutterngewindes, bzw. generell was da abläuft, wenn ein Gewinde versagt, habe ich noch nie etwas gehört/gelesen. Wenn ich Zeit habe, werde da nochmal ein wenig recherchieren, vielleicht findet sich ja noch was brauchbares! Wir sind ganz bestimmt nicht die ersten, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen wollen!
Gruß Domo
Das muss kesseln!
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Kristian
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Beitrag von Kristian »

Hi Domo,

ich denke fürs Alu könnte man ne Annahme treffen, irgendwo im Mittelfeld der Aluguss-Festigkeitswerte.

Für Festigkeiten und Scherkräfte an Gewindeflanken gibt es Tabellen wenn ich mich richtig erinnere (schon 25 Jahre her). Roloff/Matek?

Du sagst "der Rest wird von dem Zylinderkopfdeckel aufgenommen."
Und wie nimmt er diese Kräfte auf? Genau, er leitet diese Kräfte über die süßen M6-Schräubchen und unsere schlappen Gewinde in den Kopf.

Und auch hier würde ich für die Kräfteverteilung Annahmen treffen, z.B. so:
Die 5 Schrauben rund um die NoWe bekommen je 12% = 60%,
die 8 Schrauben am Rand je 5% = 40%.

Jetzt müssen wir nur noch wissen mit welcher Kraft die Ventilfedern und die NoWe die Kipphebel und somit den Deckel nach oben drücken. Vielleicht nicht unter Laborbedingungen aber pragmatisch:

Personenwaage auf den Boden stellen, Zyl.-Kopf ohne Deckel umgedreht in die Hand. Besenstil zwischen Waage und einem Ventil und solange nach unten drücken bist das Ventil die normale Öffnung erreicht hat, Wert auf der Waage ablesen. Das Ganze bei allen 4 Ventilen messen und aufaddieren ergibt die Kraft die auf den Deckel wirkt (Beschleunigungs- und Trägheitskräfte mal vernachlässigt). Über die Steuerzeiten und die somit versetzt angreifenden Kräfte müssen wir beim Bierchen unter Betrachtung der Nocken auch noch mal nachdenken. Ich würde diese Messreihe 2-3x machen um Ungenauigkeiten zu minimieren. Wie gesagt, nicht besonders genau, aber für ne erste Annahme ausreichend.

Na, wer sagt nun zuerst dass ich spinne?
Ist ja nur ein Versuch, um dem Spuk der sagenumwobenen Kräfte näher zu kommen... 8)
Bub, bub, bub...
cj
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Beitrag von cj »

du spinnst. :D :D
ausserdem haste den kipphebel als hebelarm vergessen. :wink:
im oem whb stehen die vorspannkräfte der v-federn bei einbaulänge drinne.
mit der freien länge könnte mann dann die federraten errechnen und die kraft bei vollem ventilhub.
finde ich aber alles eher unnötig....
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Kristian
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Beitrag von Kristian »

:D
Manchmal macht praxis- und hobbybezogenes Rechnen richtig Spaß!

Die Hebel habe ich nicht vergessen. "mit welcher Kraft die Ventilfedern und die NoWe die Kipphebel und somit den Deckel nach oben drücken." Hier gehe ich davon aus, dass Domo als heller Masch.bau-Studi die Hebelverhältnisse autom. berücksichtigt.

Klar, kann man die Ventilfederkrüfte auch mühsam ausrechnen, was ja Spaß machen kann. Mit der Waage geht´s halt schneller.
Bub, bub, bub...
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Dominik
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Beitrag von Dominik »

Jetzt wird's ja arg akademisch (aber auch interessant). Mir für meinen Teil reichen ein paar ganz praktische Schlussfolgerungen. So wie die von Seite 2, die vermutlich keiner gelesen hat, weil Domo währenddessen bereits Kristian geantwortet und diese Diskussion auf Seite 3 eröffnet hat :-) .

Ich zitiere mich deswegen mal selbst:
Dominik hat geschrieben:@Domo
Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Jetzt habe sogar ich das Problem einigermaßen verstanden .

@all
Aber vor dem Hintergrund dieser Erklärungen ergeben die hohen Nm-Angaben doch eigentlich noch weniger Sinn. Wenn ich es richtig verstehe bleiben drei relevante Möglichkeiten, warum eine M6-Schraube mit bis zu 14 Nm angezogen werden soll:

1. wenn der Reibbeiwert im Gewinde ungewöhnlich hoch ist.
2. wenn die Materialfestigkeit sehr hoch ist.
3. wenn eine - sagen wir einmal - "ungewöhliche" (um nicht zu sagen: fehlerhafte) Berechnung angewendet wurde.

Richtig?

Punkt 2 kann man zumindest vom Mutterngewinde mit Sicherheit ausschließen.
Punkt 1 scheint mir unwahrscheinlich - kann ich aber natürlich nicht ohne weiteres ausschließen (außer die Gewinde sind gebuchst. Dann schon!).
Bleibt also eigentlich nur noch Punkt 3 ...

Ich ziehe mal folgendes Fazit: Alle meine gebuchsten Gewinde werde ich in Zukunft viel softer anziehen. Bislang habe ich den Schlüssel immer auf den Mittelwert zwischen 10 und 14 Nm eingestellt (also auf 12 Nm). In Zukunft nehme ich lieber 10 als Maximum und stelle den Schlüssel auf 9 Nm.

Scheint mir logisch.

Vielen Dank für eure Hilfe (und gerne weitere Meinungen!) ,
Dominik
:)
PeterB
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Beitrag von PeterB »

Ihr Lieben,

ihr jagt einen Snark:
http://de.wikipedia.org/wiki/The_Hunting_of_the_Snark


beste grüße
peterb

@ Herr Geier: Guckst Du ebenda nach dem Sinn des Lebens...
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Dominik
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Beitrag von Dominik »

... aber nur, wenn du findest, dass man eine Schraube auch gerne mal mit ca. 150% der eigentlich vorgesehenen Kraft anziehen kann.

Zumindest mir geht es vor allem um die Frage, warum Honda meint, dass die Schrauben mit 14 Nm angezogen werden dürfen, während gängige Tabellen den Wert bei rund 10 Nm sehen.

Viele Grüße,
Dominik

P.S.: @Kristian: Zu den Ventilfederkräften gab es schon einmal zwei Experimente. Hier: Auslassventil per Hand betätigen. Allerdings gehen die Werte etwas auseinander. Ich habe 17 Nm/mm gemessen. Marco 30 Nm/mm. Unklar blieb, ob Marco jeweils beide Ein- und Auslassventilpakete gemessen hat. Dann würde es ja passen.

Jedenfalls ist der abgebildete Messaufbau ganz einfach: Unten an die Federwaage noch einen Eimer hängen und dann immer einen Liter Wasser einfüllen und mit einer Messuhr die Federbewegung messen :-)
2XL
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Beitrag von 2XL »

Nicht vergessen:
Der Kopfdeckel ist auch noch mit dem Rahmen verschraubt!
Das wird wohl auch noch einige Kräfte abfangen.

:schlaumeier:

Jürgen
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tomtomjump
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Beitrag von tomtomjump »

Hallo,

es gibt eigentlich zwei Punkte die für die maximale Kraft in Frage kommen. Einmal bei stillstehenden Motor und maximalen Hub. Und zum anderen der Punkt an dem der Ventiltrieb maximal beschleunigt wird.
Also F = m * a . Wobei sich m aus der Ventilmasse (Ventilfederteller+Keile), der Masse der Federn/3 (Schätzung) und dem Trägheitsmoment des Kipphebels zusammensetzt. a ist abhängig von der Nockenkontur und der Drehzahl.

Unterm schreiben habe ich gemerkt, dass wir schonmal über ähnliches philosophiert haben: http://www.xl500.de/abcdef1/viewtopic.p ... sc&start=0

Dabei haben wir herausgearbeitet, dass die maximale Kraft wohl durch den dynamischen Fall auftreten wird. (Obwohl ja z.B. die Pittingschäden an der XL-Nocke Anderes vermuten lässt. Das liegt aber an den kleinen Radien an diesem Punkt.)
Gruß Tom
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hiha
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Beitrag von hiha »

Das seh ich auch so.
@2XT
Die Kopf-am-Rahmen-Verschraubung wird wohl eher Kräfte in den Deckel einleiten, als sie abfangen.

Gruß
Hans
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Kristian
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Beitrag von Kristian »

Jep, so isses.

Im günstigen Fall (ich setze mit dem Motor auf nem Baumstamm auf) kommt Druck auf den Kopf, die Zugkräfte in den Gewinden verringern sich.

Im ungünstigen und leider öfteren Fall (z.b. Kräfte auf die Gabel die den Rahmen elastisch verziehen) kommen zusätzliche Zugkräfte auf den Kopfdeckel und erhöhen die Zugkräfte auf die Gewinde. Eine genaue Aussage kann man jedoch nur mit einer Finite-Elemente-Analyse des Rahmens treffen. Wenn mal jemand viel Zeit hat...
Domo, wäre das nicht ein Diplomarbeitsthema für Dich? :)

@Dominik
Danke für den Link. Mit diesen Werten kann man nun die Kräfte im Einbauzustand ausrechnen und "Ventile voll geöffnet". Oder/und mit der Waage messen und vergleichen.
Bub, bub, bub...
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Dominik
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Beitrag von Dominik »

Um noch etwas Öl ins Feuer zu gießen: Hans hat mir eben einen Link mit den Anzugsmomenten für XT und SR 500 geschickt. Da reicht die Spanne für M6-Schrauben von 7 Nm bis maximal 10 Nm.

http://www.motorang.com/bucheli-projekt ... omente.htm

12 und 14 Nm kommen da gar nicht vor. Was hat diese Honda-Ingenieure bloß getrieben?

Viele Grüße,
Dominik
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Kristian
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Beitrag von Kristian »

Die haben Beteiligungen an Helicoil, Ensat und Co. :D
Bub, bub, bub...
omagott
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Beitrag von omagott »

- Die Form des Schraubenkopfes spielt eine untergeordnete Rolle, trotzdem gilt aber prinzipiell: Je größer die Fläche des Kopfes, desto höher muss das Anzugsmoment ausfallen. Oder war's andersherum?
What? Die Fläche des Schraubenkopfes geht mit in die Reibung ein? Das wär mal was neues. Vielleicht die Normalkraft und die Materialpaarung.

Erstmal muß man das ganze als Fenster sehen, 10-14Nm heisst ja nicht das man volle 14Nm anknallen muß, ist wie beim Ventilspiel, nur weil 0,07-0,1mm dran steht ist 0,1mm nicht das was man einstellen muß.

Hab mir dann gerade mal das Handbuch für die XL auf de Tisch geholt, beim umrechnen von Fußpfund nach Newtonmeter hat auch keiner abgefuckt, das passt so.

Zur Gewindelänge bleibt auch nix zu sagen, Gewindedurchmesser x2 in Aluguss ist erfüllt.

Ich glaub einfach das es kaum eine Xl gibt an der nicht irgendwer die Kopfschrauben nachgezogen hat oder an der ein Mechaniker seinen Handgelenkdrehmomentschlüssel ausgetobt hat.

Jetzt mal ne Frage, wenn die Schraube 6cm durch den Alukopf geht und der Alukopf 100 Grad mehr als Umgebung hat, um wieviel wächst dann der Kopf? Um wieviel die Schraube aus Stahl? Milchmädchengerechnet kommen da 0,10mm raus. Wer Muse hat kann ja ausrechnen mit wieviel die Schraube dann am Gewinde zieht.

Ich mach mir lieber ein paar Helicoils rein die halten und hol mir ein Bier.
:wink:
Hammer: Werkzeug, das sich aus einer primitiven Schlagwaffe entwickelt hat. Der Hammer wird als wünschelrutenähnliches Gerät genutzt, um das teuerste Teil zu finden das in der Umgebung des Teils liegt welches man eigentlich treffen wollte.
PeterB
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Beitrag von PeterB »

Ein Bier ist eine gute Idee.

Ich glaub aber dass das Problem andersherum gelagert ist: Die Köpfe, die mit Handgelenksdrehmoment angezogen werden, bleiben ganz - jedenfalls isses bei mir so. Und diese Anzugsmomente liegen allesamt unter 10 nm, wenn ich es nachmesse.

beste grüße
peterb.
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