Schneeräumdienst, die siebzehnte

Hier kann über alles Mögliche geplaudert werden was mit und um unsere XL zu tun hat

Moderator: Kristian

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hiha
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Beitrag von hiha »

He, hörz's Streiten auf, Saubuabm!

Originalerweise sind Seriennockenwellen aus Schalenhartguss, also Gusseisen, dass an den Nockenlaufflächen durch in die Gussform eingelegte Abschreckschalen ca. 2mm mm tief zu weiss erstarrtem Grauguss erstarrt, der besonders gute Gleiteigenschaften hat (Härte hat primär nix mit Gleiteigenschaften zu tun) Zusätzlich werden Graugussnockenwellen nach dem Schleifen oft noch Gasnitriert und Manganphosphatiert. Gasnitrieren von Grauguss geht durch die porosität tiefer als nur ein paar µ.

Wenn eine solche Nockenwelle auf einen kleineren Grundkreis umgeschliffen wird, kommt heutzutage immer auch ein anderes Profil drauf, meist mit längeren Steuerzeiten und mehr Ventilhub. Dabei wird oft erheblich Material von der Nocke runtergeschliffen, von der harten Schicht weiss erstarrten Graugusses bleibt dann nicht viel übrig. Ein langzeit-Gasnitrieren kann die gute Lebensdauer zu einem guten Teil wieder herstellen. Aber: So wie es heute aussieht, gibts lebensdauermäßig zu Schalenhartguss keine Alternative!
Manche Firmen härten ihre Nockenwellen nach dem Schleifen induktiv, dabei wird die Welle durch einen Induktor gezogen, die Randschicht innerhalb des Induktors beginnt augenblicklich zu Glühen, und wird sofort anschließend durch eine Wasserbrause abgeschreckt.

Tuningnockenwellen von megacycle werden fast ausschließlich durch Aufschweissen von nickelbasiertem Stellit hergestellt, teilweise auf Altnocken, teilweise auf neu gemachte Stahlrohlinge. Es empfiehlt sich, die ebenfalls von megacycle aufgeschweissten Kipphebel dazu zu verwenden damit es lange hält.

Andere Firmen aus USA stellen auch Nockenwellen aus dem vollen Stahl ("billet steel") her. Deren Legierungen sind mir nicht bekannt, aber mit den Kipphebeln muss man auf alle Fälle sehr aufpassen.
Hartchrom ist die universellste Gleitschicht, sie läuft sehr gut gegen fast jeden Werkstoff, ist aber nur ca. 2/10mm dick, heutzutage gibts aber auch andere Schichtsysteme. Die Schichten sollen unbedingt "kalt" aufgebracht werden (<180°C) weil bei den dünnen Schichten die Untergrundhärte der Gleitflächen entscheidend ist, und die für Kipphebel üblichen niedrig- bis unlegierten, ca. 1,5-2mm tief gehärteten Einsatztähle darüber schon weich werden. Hartchrom wird kalt und galvanisch aufgebracht, verändert das darunterliegende Gefüge normalerweise nicht.

Nochmal: Eine hohe Härte von Nockenlauffläche und Kipphebelgleitfläche allein ist noch kein Garant für Lebendauer. Die tribologischen Eigenschaften sind entscheidend, und da ist immer noch viel Versuch und Irrtum dabei. Auch ists nicht notwendigerweise richtig, dass (wie oft zu lesen) "weicher" auf "härter" laufen müsse. Es gibt durchaus Gleitpaarungen, wo gleiche Werkstoffe einwandfrei jahrelang praktisch verschleißfrei zusammen laufen (stellit-stellit, Schalenhartguss-schalenhartguss...)

Übrigens wird die Nockenspitze nur im Stand und bei niedrigen Drehzahlen hoch belastet. Je höher die Drehzahl desto niedrigere Spitzenbelastung, desto höhere Steigungsflankenbelastung.

Zu Deinem 914er Porsche: Die nachgeschliffene Nockenwelle wird wohl nitriert gewesen sein ("gleichmäßig grau") und hätte wohl vor dem Einbau poliert werden müssen. Ausserdem schreiben so ziemlich alle Nockenwellenhersteller vor, beim Wechsel der Nockenwelle, auch die Nockenfolger (also in Deinem Fall die Stößel) zu tauschen, weil Neu auf Alt zum Fressen neigt, was am Umbau von Triboschichten zu liegen scheint. Dazu kommt erschwerend, dass der aus umgeschliffenen Nockenwellen resultierende höhere Ventilhub zu teilweise brutalen Federenddrücken führt, was andere, durch längere Steuerzeiten meist weichere, Federn nötig machen würd. Das spart man sich halt gerne ein, zumal ein Vielzylinder immer gleich einen ganzen Haufen Federn braucht.

Das Thema hat mich viel Lehrgeld gekostet, und ich kanns hier auch nicht erschöpfend beantworten, stehe aber gern für speziellere Fragen zur Verfügung, garantiere jedoch nicht, dass ich sie auch beantworten kann :-)

Gruß
Hans
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Kristian
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Beitrag von Kristian »

Danke Hans, klasse Beitrag!!! :)

Das Fazit daraus für mich: Da ich nicht weiss was die sogenannten Tuner wirklich mit der NoWe machen, lasse ich lieber die Finger von den Dingern.

Wer doch ein paar PS mehr möchte, sollte richtig nachfragen und sich viel Gedanken über die nachgeschalteten Teile machen.

Und was können unsere Kandidaten mit einer Schneeräumdienst-Nocke machen?

Kristian
Bub, bub, bub...
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Dominik
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Beitrag von Dominik »

Das war jetzt echt mal wieder ein super Beitrag!

Danx :wink: ,
Dominik
P.S.: Da hatte ich wohl mal wieder mehr Glück als Verstand, als ich beim 570er die Kipphebel auch noch getauscht habe. Wollte ich ursprünglich gar nicht.
PeterB
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Beitrag von PeterB »

Ich würde die Finger nur bedingt davon lassen. Wenn ihr jemanden kennt, der genau diese Nockenwelle eurer Begierde kennt und verarbeiten kann - dann los!
Das genaue Gegenteil hat mir neulich Kumpel Lutz gezeigt: Lohngehärtete Nockenwelle und Kipphebel, die nicht mal die ersten paar tausend Umdrehungen überstanden haben. Der ganze Mist ist ausgebrochen und abgeplatzt.

In meiner bescheidenen Xl-Statistik sind die Kipphebel ohne Hartmetalleinlagen die schönsten - allerdings ist die Nockenwelle ganz gut angeschliffen - Verschleissgrenze halt. Daher hab ich diese mal lackieren lassen - ob das taugt, kann ich noch nicht sagen.

Die Hartmetallkipphebel sind in Fall 1 deutlich runter - da hat Nockenwelle pittings aufm Berg, iss aber trotz ca. 70 kkm noch deutlich oberhalb des Verschleissmasses.
Fall 2 ist der Kipplöffel, da iss alles runter, ausser den Lagern. (Könnte das nicht solch ein Tuningversuch sein - sonst ist der Motor, wie gesagt recht frisch).

Fall 1 Nockenwelle hab ich jetzt mal galvanisch repariert :D

Schau mer mal, obs was trägt. Gleich zwei kritische Nockenwellen am Start :)

beste grüße
peterb
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hiha
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Beitrag von hiha »

PeterB hat geschrieben:Lohngehärtete Nockenwelle und Kipphebel, die nicht mal die ersten paar tausend Umdrehungen überstanden haben. Der ganze Mist ist ausgebrochen und abgeplatzt.
Erzähl mehr. Was für einen Auftrag genau hat die Härterei bekommen? Wurden die Kipphebel tatsächlich gehärtet?? Was für Kipphebel? Hartblock oder Hartchrom?
Dazu muss man sagen, dass eine Lohnhärterei üblicherweise keine eigene Meinung hat/haben darf, wenn sie im Geschäft bleiben will. Wenn der Kunde sagt :"so und so härten", dann fragen die nicht nach, denn der Kunde weiss ja, was er will; bzw. wirds schon wissen...Wenn nicht, kommt oft Schrott raus, der fälschlicherweise der Härterei angelastet wird.

Gruß
Hans
PeterB
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Beitrag von PeterB »

Hallo Hans,

ich kann leider (noch) nix Vernünftiges dazu sagen. Ich frag mal nach.

Der Motor sah mir aus, wie ein chinesischer Lizenzbau. Sah einem 125 er Suzuki-Einzylinder ziemlich ähnlich. Vllcht. beantwortet das die Problematik ja schon im Ansatz.

beste grüße
peterb
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musashi
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Beitrag von musashi »

rainerH hat geschrieben:
P.S. Ich bin nicht verwandt oder verschwägert mit ihm und arbeite auch nicht dort, ich finde es nur unangebracht, wenn man jemand grundlos in die Pfanne haut.
So grundlos finde ich das nicht.
Hast du das http://www.xl500.de/abcdef1/viewtopic.p ... tandsetzen nicht mitbekommen?
Was ich von Donald Duck aus W. in der Hand (und auf Bilder festgehalten) hatte war gelinde gesagt eine Frechheit.
Ich habe mich leider erst danach hier schlau gemacht, und so wie es scheint war ich kein Einzelfall.
Es waren garantiert meine ersten und auch letzten Erfahrungen mit Donald Duck aus W.

Grüße,
musashi
PeterB
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Beitrag von PeterB »

Hola Musashi,

wie geht es denn deiner lackierten Nockenwelle? Ich teste das auch gerade, mir fehlt aber die Zeit, das auch nochmal anzuschauen. Wird hoffentlich im Winter was werden. Der alte Motor läuft immer noch ziemlich schnell - dahingehend hat der Lack nicht geschadet.

beste grüße
peterb
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musashi
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Beitrag von musashi »

Hallo,

sieht noch gut aus. Sie war ja eigentlich schon durch Lochfraß geschrottet,
aber soweit man das von außen erkennen kann hat sich dort nichts verschlechtert.

Grüße,
musashi
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tjark
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Beitrag von tjark »

Moin Moin,

lackierte Nockenwelle?
Klärt Ihr mich mal auf?

Gruß

Jörg
Ich mag meine R auch mit eckigem Scheinwerfer:-)
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musashi
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Beitrag von musashi »

Die "Lackierung" ist eine Beschichtung mit Teflon und soll der Reibungsminimierung dienen. Soweit ich das bis jetzt beurteilen kann ist es keine schlechte Sache, ganz im Gegensatz zu der Firma mit den 3 großen Buchstaben aus dem Spätzleland, unter deren Überschrift hier vom Thema abgekommen wird :eek:
Kannst ja mal nach Kexel suchen.


Grüße,
musashi
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hiha
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Beitrag von hiha »

Gleitlacke sind eine prima Sache. Damit sie auch halten, ist die Oberflächenvorbereitung das A und O. Speziell für Nockenwellen wird u.A. eine Phosphatierung empfohlen, die allein aber auch schon einen Haufen bringt.

Gruß
Hans
PeterB
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Beitrag von PeterB »

Servus Hans,
Das ist jetzt interessant. Phosphorsäure ist doch eigentlich ein Rostschutz?
Sind die Metallphosphate Haft- und Gleitmittel in einem - ist das Eisen (II)-Phosphat auch mechanisch stabil - im Gegensatz zum Rost?
Warum sollte man vor der Lackierung nicht einfach beizen oder Sandstrahlen?

beste grüße
peterb
omagott
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Beitrag von omagott »

Weil der Lack nur 0,02 oder so aufträgt, das Sandgestrahlte also nicht egalisiert. Haste wieder ein Reibeisen...

Hans, redest Du jetzt von dünnschichtigem Phosphatieren der Oberfläche oder Parkerisieren?
Gruß,
die Oma
Hammer: Werkzeug, das sich aus einer primitiven Schlagwaffe entwickelt hat. Der Hammer wird als wünschelrutenähnliches Gerät genutzt, um das teuerste Teil zu finden das in der Umgebung des Teils liegt welches man eigentlich treffen wollte.
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Beitrag von wooki »

Da will ich nun auch mal meinen Senf dazureichen... Vor 6 Jahren habe ich einen Ausstellungsmotor von einem Schneeräumdienst Mitarbeiter für 400 Euronen erworben (Plus 100 Euro Sprit und 900km). Ist auf 330 ccm aufgebohrt und hatte eine umgeschliffene Nocke drin. Genau diese habe ich nach 20 min Testlauf rausgeschmissen weil sie eingelaufen war, und sie Kipphebel Wrack waren. Ich bringe die Teile gerne mit zum Nordtreffen, sieht toll aus. Seit ich ne O-Nocke drin habe, läuft das Ding ganz ok. Wie auch immer, 150 Euro würde ich für jede O-Nocke gerne sofort zahlen, aber nicht für sowas .....Schönen Tach, Wooki
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