Fragen zu Motorschadensdiagnostik und -reparatur

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herr k.
Frischling
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Registriert: 10. November 2014, 21:19

Fragen zu Motorschadensdiagnostik und -reparatur

Beitrag von herr k. »

Hallo zusammen,

hier nun zu meinem aktuellen Motorproblem:

Basisinfos:
Honda XL 500 R,
PD023004565
EZ 03.06.83
Laut Tacho hat sie ca. 91 tkm runtern
Ich hab das Motorrad vor einigen Monaten teilzerlegt erworben und bin dabei, es wieder fahrfähig zu machen.

Fehlerbild:
Motor hat keine Kompression und springt nicht an.
Ölstand ist sehr gering.
Laut Vorbesitzer "patschte" sie insbesondere im Schiebebetrieb stark (Fehlzündungen).
Bei einer Ausfahrt ging sie nach ca. 50 km Fahrt bei Fahrt bergauf aus und danach nicht mehr an.
Kompression war nicht mehr zu spüren.
Er hat dann begonnen, sie zu zerlegen und irgendwann entnervt verkauft - da war der Motor aber noch drin und zu.

Ich hab dann nach einem Telefonat mit Eric von Altteil-Classic (Danke bis hierhin nochmal!) den Motor ausgebaut und angefangen, aufzumachen.
Da ich mich mit 4Taktern noch nicht so auskenne, dachte ich, ich frag mal nach, bevor ich weitermache, wie ihr weitermachen würdet.

Aktuelle Situation:
Motor ist draussen - von aussen zeigte er eine leichte Leckage im Bereich Ventildeckel an den Auslassventilen. Stehbolzen für die Krümmerbefestigung sind wohl mal gekürzt worden ...
Demontage der Ventildeckel zeigte erstmal nichts auffälliges.
Demontage des Zylinderkopfdeckels zeigte nichts aussergewöhnliches.
Nach Demontage der Nockenwelle zeigte sich in der zentralen Kuhle unter der Nockenwelle ein bisschen Metallabrieb im Öl.
Nach Demontage des Zylinderkopfes waren im Kolben deutlich zwei Abdrücke der Auslassventile zu entdecken (Sicheln ca. 1 mm breit an der breitesten Stelle und ca. 8 ... 10 mm lang).
Die Auslassventile sahen rein optisch betrachtet nicht beschädigt aus, allerdings waren sie deutlich heller als die Kopfwand oder die Einlassventile.
Den Zylinder hab ich noch nicht runter (bekommen). Deshalb kann ich zum Zustand der Kolbenringe und ggf. des Pleuel- oder Kurbelwellenlagers noch nichts sagen.
Den Kopf hab ich noch nicht weiter auseinandergenommen

Hypothesen zur Schadensursache - ich hab mir folgende Möglichkeiten überlegt:
Irgendwas muß ja dazu geführt haben, daß die Ventile immer später schlossen und dann mit dem Kolben kollidiert sind.
1. Aufgrund Ölmangels haben die Ventile angefangen, schlechter zu laufen und sind zu lang offen geblieben und dann gabs den Küsser. Dazu passt m. M. die Symmetrie der beiden Abdrücke nicht so ganz. Auch ist mir nicht klar, warum die EInlassventile dann keinen Küsser gemacht haben.
2. Die Ventile haben zu spät geschlossen (würde evtl. das Patschen erklären?) und das hat sich mit warmem Motor und/oder Ölmangel verstärkt
3. Die Steuerkette ist übergesprungen und / oder hat sich gelängt und / oder der Kettenspanner hat nicht mehr ausreichend gespannt und deshalb schlossen die Auslassventile immer später.
4. Hat sich ggf. wegen Ölmangel das Pleuel- oder Kurbelwellenlager verabschiedet und der Kolben kam plötzlich im OT "höher"? Aber warum dann kein Schaden an den EInlassventilen?

Jetzt meine Fragen:
1. Gibt es eine Methode, die Dichtheit der Auslassventile zu testen, bevor ich den Kopf auseinander nehme (z.B. den Kopf mit Öl der Bremsenreiniger Füllen und schauen, ob es durch die Ventilsitze rausläuft? Bringt das was oder würdet ihr die Ventile gleich ausbauen und dann auf Rundheit, Stauchung o.ä. testen?
2. Gibt es Werte für die Reibkraft zwischen Ventil und Führung (mit oder ohne Federn), die man im eingebauten Zustand prüfen kann? Die Ventilfeder-Längentoleranz kenne ich, aber mir geht es um die Federkraft und die Reibkraft.
3. Gibt es andere Möglichkeiten, die Längung der Steuerkette zu prüfen als die alte neben eine neue zu hängen und den Längenunterschied anzuschauen? Bei Fahrradketten gibt es z.B. eine obere Toleranzgrenze für den Abstand von 10 Nieten (und eine entsprechende Lehre).
4. Gibt es eine Möglichkeit, im schon demontierten Zustand zu prüfen, ob die Steuerkette übergesprungen ist?
5. Was ausser dem optischen Eindruck kann man denn am automatischen Kettenspanner und der Gleitschiene prüfen?
5. Gibt es da einen Trick zur Zylinderdemontage oder hilft da nur rohe Gewalt? Derjenige, der den zuletzt offen hatte, scheint ein Freund von viel schwarzer Dichtmasse gewesen zu sein. Selektive Temperatureinwirkung?
6. Die Begutachtung der Kolbenringe und des Pleuellagers/Pleuels macht doch jetzt auch Sinn, wenn ich schon soweit bin, oder?
7. Gibt es noch andere potentielle Ursachen des Schadens udn gibt es bei der XL sozusagen ein Ranking der Häufigkeiten der Ursachen (häufige/typische Schwachstellen, ...)?
8. Sonst noch Hinweise, die ihr einem Anfänger unbedingt geben wollt?

Mein Ziel ist, den Motor und das Ganze Motorrad über den Winter wieder zum Laufen/Fahren zu bekommen, wobei danach erstmal keine Weltreise aber die ein oder andere Ausfahrt geplant ist...

Danke fürs Durchlesen und für feedback!

Gruß,
Jörg
Jogi.R
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Registriert: 29. März 2013, 08:45

Re: Fragen zu Motorschadensdiagnostik und -reparatur

Beitrag von Jogi.R »

Hallo Jörg,

Die Einstellung der Steuerkette ist hier im Forum gut beschrieben. Den Steuerdeckel hast Du ja schon unten.

Die Ventile würde ich auf jeden Fall ausbauen und auf Rundlauf prüfen, ebenso die Ventilführungen.
Wenn die Ventile krumm sind geht auch die Kompression flöten.

Bei metallischem Abrieb im Öl keine Kompromisse eingehen und den Motor zerlegen, bevor er sich irgendwann selbst zerlegt.
Neue Lager sind dann obligat.

Gruß - Jogi ®
Wenns nicht mehr klappert, ist es kaputt.
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Re: Fragen zu Motorschadensdiagnostik und -reparatur

Beitrag von Biker1965 »

HalloJörg,
so wie sich das darstellt ist wohl Deine Steuerkette übergesprungen dadurch sind im günstigsten Fall nur die Ventile verbogen und undicht.
Ich würde in diesem Fall den Motor auch wegen der Laufleistung bei Erik überholen lassen, da kannst Du nichts Falsch machen kostet zwar Geld aber erspart Dir aber Zeit und ne Menge Nerven und du kannst sicher sein, dass Dein Motor in den besten Händen ist.
:D
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omagott
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Re: Fragen zu Motorschadensdiagnostik und -reparatur

Beitrag von omagott »

Kopf hast Du eh schon runter, die Auslassventile raus zu nehmen ist ein Kinderspiel. Ventile kannst Du abtuschieren. Das würde ich mir aber schenken.

Ein paar frische Auslassventile von Vesrah oder Honda orginal, ab damit zum Motorenbauer. Auftrag: Ventilsitze prüfen und gegebenenfallls fräsen. Dürfte so 100-140 Euro kosten. Damit hast Du nen guten Kopf.
Die Einlässe auch gleich noch eine Runde mit der Polierpaste fein im Kreis rutschen lassen, das gibt gutes Anlassen und einen sauberen Leerlauf an der Ampel. Die Steuerkette auch ncoh raus, wenn die gelängt ist fällt das eigentlich nur im Betrieb auf, statisch lässt sich das schwer messen.

Gruß,
die Oma
Hammer: Werkzeug, das sich aus einer primitiven Schlagwaffe entwickelt hat. Der Hammer wird als wünschelrutenähnliches Gerät genutzt, um das teuerste Teil zu finden das in der Umgebung des Teils liegt welches man eigentlich treffen wollte.
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